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Weltmeister und Wahl-Hallenser Lukas Dauser könnte zum König der Athleten gekrönt werden


Lukas Dauser jubelt nach seinem WM-Sieg im Oktober im belgischen Antwerpen. Foto: Geert vanden Wijngaert/dpa

Halle (Saale) - Schaut man sich die Übung von Lukas Dauser im Weltmeisterschaftsfinale an, dann sieht man 47 Sekunden körperlicher Höchstspannung. Man sieht, wie der Athlet, der in Halle trainiert, am Barren schwingt und kreist, wie er seine Arme so verdreht, dass es jedem Ungeübten sofort die Schultern auskugeln würde. Und man hört, wie das Publikum nach und nach in Wallung gerät, wie die Zuschauer in der Sporthalle im belgischen Antwerpen immer lauter werden, weil sie sehen, dass da etwas gelingt. Ausgezeichnet gelingt.


Denkt Lukas Dauser heute an diese 47 Sekunden zurück, die ihn zum ersten Turn-Weltmeister im Männerbereich seit Fabian Hambüchen 2007 machten, dann muss er noch immer lächeln. „Was während der Übung um mich herum in der Halle passiert, bekomme ich im Wettkampf fast überhaupt nicht mit“, sagt der 30-Jährige. Allenfalls die vertrauten Stimmen seiner Trainingskameraden Nick Klessing und Nils Dunkel höre er.


Ansonsten sei er im Tunnel, im Flow, voll auf seine Turnelemente fokussiert, das Adrenalin im Körper mache sogar die Belastung, auch die Schmerzen vergessen. „Ich habe ja nur diesen einen Versuch, diese nicht einmal eine Minute lange Übung, da muss einfach alles passen“, sagt der Sportsoldat.


Wahl zum Sportler des Jahres in Baden-Württemberg: Lukas Dauser aus Halle nominiert


Am 8. Oktober, in Antwerpen, bei der Weltmeisterschaft, hat alles gepasst. Nach Silber bei Olympia 2021 in Tokio und Silber bei der WM 2022 in Liverpool stand Dauser dieses Mal ganz oben. Am Barren war das der erste deutsche Triumph seit Sylvio Kroll. Der DDR-Sportler holte 1985 WM-Gold. Da war Dauser noch nicht einmal geboren.


Und nicht nur sportlich lief 2023 herausragend. Ende Mai heiratete er seine Freundin Viktoria, die bis 2022 Zahnmedizin in Halle studierte und aktuell in Hannover arbeitet. Und am Wochenende könnte eine weiterer Anlass zur Freude hinzukommen.

In Baden-Baden (Baden-Württemberg) findet die Wahl zum Sportler des Jahres statt. Lukas Dauser ist nominiert, gilt als einer der Favoriten. Würde er die Auszeichnung bekommen, stünde er in einer Reihe mit Dirk Nowitzki, Steffi Graf oder Heike Drechsler.


Doch selbst wenn am Wochenende dieser Triumph hinzukommt, bleibt für Dauser kaum Zeit zum Feiern. Das will er auch gar nicht. „Ich lasse das alles noch nicht so richtig an mich heran“, sagt der in Bayern geborene Athlet.


Denn der WM-Triumph ist zwar das Höchste, was er sportlich bisher erreicht hat. Doch ein Gipfel überragt diese Spitze noch: Olympia 2024 in Paris. „Das ist schon der Traum, auf den ich alles fokussiere“, sagt Dauser.


Was das bedeutet, kann man am Donnerstag in der Turnhalle des SV Halle sehen. Da steht Dauser pünktlich halb zehn auf der Matte. Dabei war er am Tag zuvor erst aus den Flitterwochen zurückgekehrt.


Zwölf Tage Malediven, entspannen, dem beanspruchten Körper etwas Ruhe geben. „Turnen ist extrem trainingsintensiv, deswegen braucht man solche Pausen, man muss die Luft mal etwas rausnehmen“, sagt der Wahl-Hallenser.


Lukas Dauser im TV: Ausflüge ins Showbusiness


Doch die Auszeiten sind selten. In der Regel hat Dauser zehn Mal in der Woche Training, nur Sonntage sind frei. Die Sporthalle ist sein Wohnzimmer.


Hinzu kommen viele Wettkämpfe und zuletzt auch vermehrt Ausflüge in das Showbusiness, wo er im ZDF-Sportstudio, bei der Vorabendsendung Quizduell oder der ARD-Samstagabendshow Klein gegen Groß, die im Januar ausgestrahlt wird, war. „Solche Auftritte mache ich gern, auch weil sie Aufmerksamkeit auf den Sport lenken.“


Die Ausflüge ins Entertainment sind aber Ausnahmen. Der Turner, der in Ebersberg bei München geboren wurde, gilt als Perfektionist, einer, bei dem immer alles akkurat sein muss, der immer seinen Plan verfolgt.


So steht er morgens stets mit beiden Beinen gleichzeitig auf, um nicht den falschen Fuß zu erwischen. Er sortiert auch seine Sporttasche immer nach dem gleichen Schema und rasiert sich am Wettkampftag nicht, denn: „Wer rasiert, verliert“. Das ist zwar etwas Aberglaube, aber Struktur, sagt Dauser, sei bereits sein gesamtes Leben wichtig für ihn. „Das habe ich sicher von meinen Eltern, meine Mutter ist auch so.“


Eines seiner wichtigsten Rituale ist, seine Übung vor dem Wettkampf wieder und wieder zu wiederholen. „In den drei Tagen vor dem WM-Finale bin ich meine Elemente bestimmt 150 Mal im Kopf durchgegangen“, sagt Dauser. Was er am Barren macht, soll zum Automatismus werden.

Seine WM-Übung gehört dabei zu den schwersten der Welt. Für Olympia will er sie weiter aufwerten, ein komplizierteres Element hinzunehmen. „Wenn ich das hinbekomme, wäre das schon ein Brett“, sagt Dauser.


Athlet Lukas Dauser bei Olympia 2024 in Paris dabei 


Bis zum Frühjahr soll die Olympia-Kür des Barren-Spezialisten, der auch im Mehrkampf und mit der Mannschaft antreten will, fertig sein. In Halle hilft ihm dabei Hubert Brylok. Der Stützpunkttrainer vom SV Halle war auch der Grund, warum Dauser überhaupt in die Saalestadt kam.


Der Turner wechselte nach dem Abitur von München nach Berlin, weil er als Sportsoldat an einem Bundesstützpunkt trainieren musste. 2017 gab es dann den wohl schwersten Rückschlag seiner Karriere.


Bei den Deutschen Meisterschaften riss er sich das Kreuzband, wobei sein Außenmeniskus in sechs Teile zertrümmert wurde. „Ich konnte 16 Monate keinen Wettkampf machen, was mich extrem zurückwarf.“


In Berlin sei er anschließend „eingegangen“. Es gab keine Entwicklung mehr. „Ich brauchte neue Impulse“, sagt Dauser. Er schaute sich mehrere Stützpunkte an. Schließlich waren es die perfekten Bedingungen in Halle, vor allem aber Hubert Brylok, der ihn 2020 zum Wechsel bewegte.


„Das war sportlich gesehen die beste Entscheidung meines Lebens“, sagt Dauser. In Halle bildet er mit Nils Dunkel und Nick Klessing eine halbe Nationalmannschaft, die auch als „Hubis Bubis“ bekannt ist.


Die Bedingungen passen also. Nun darf nur keine Verletzung dazwischen kommen und im Barren-Finale muss alles gelingen. Den Termin hat der Turner bereits in seinem Kalender eingetragen, am 5. August geht es für ihn um den Olympiathron. „Meine Titel haben mich bisher immer weiter motiviert“, sagt Dauser. „Und seit der WM weiß ich, dass ich jeden schlagen kann.“


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