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Was macht eigentlich... Lutz Mack? Halles Turnstar wurde durch den Sport nicht reich

Aktualisiert: 4. Juni 2020


Lutz Mack bei den Olympischen Spielen 1976 in Montreal, wo er Team-Bronze holte. Er war ein Top-Mehrkämpfer, liebte vor allem Ringe, Sprung und Boden
© imago/Pressefoto Baumann

Halle (Saale) -

Der skeptische Blick der Steppkes schlägt schnell in pures Erstaunen um. Dieser ältere Herr mit den grauen Haaren, der glattweg als ihr Opa hätte durchgehen können, stemmte sich an den Holmen des Freiluft-Barrens hoch, so als wäre das eine der leichtesten Übungen.

So einiges, das stellt Lutz Mack fest, geht noch. „Die Muskeln sind weg, natürlich“, gibt der 68-Jährige zu und lächelt. „Aber das Koordinative ist geblieben.“ Gelernt ist eben gelernt.

Und das war so einiges: Sechs Medaillen bei Olympia, WM und EM hatte er sich in den 70er und 80er Jahren erturnt mit Übungen, die er sich einst antrainiert hatte in ebendieser Halle, vor deren Tür gerade das Trainingsgerät steht, das von den SV-Jungen auch in Coronazeiten genutzt werden kann.


Nach der Wende verlor Lutz Mack seinen Trainer-Job

Lange war er nicht mehr hier, gibt Mack zu. Mit dem Turnen hat der Wahlhallenser schon vor 30 Jahren abgeschlossen. Zu tief saß die Enttäuschung, zur Wendezeit den nach dem Karriereende übernommenen Trainerjob aufgeben zu müssen. Das Gerangel um die wenigen verbliebenen Stellen damals war groß, erzählt Mack. „Es war schon ganz schön bitter zu erfahren, du bist es nicht“, sagt der DHfK-Absolvent.

Unterkriegen lassen hat er sich davon allerdings nicht. Mack hat gelernt, loszulassen. „Was vorbei ist, das ist vorbei“, bringt er es auf den Punkt. Die Maxime hat ihm bisher gut durch sein Leben geholfen. Das, sagt er, sei dreigeteilt. „Das erste Drittel gehörte dem Sport, das zweite der Arbeit in der Gastronomie. Und seit 2016 nun bin ich Rentner.“

Von den schmalen Bezügen, die er bekommt, kann man eigentlich nicht leben. Er war schon über 30 Jahre alt, als er sein erstes Geld verdient hatte, danach die vielen Jahre als Selbstständiger - das fällt ihm heute auf die Füße. „Ich will aber nicht klagen“, sagt der gebürtige Delitzscher, der tatsächlich ausgeglichen wirkt und alles andere als unzufrieden. Wohl auch, weil er Monika an seiner Seite weiß, seine Ehefrau.


DDR-Turner Lutz Mack: Tränen bei der Siegerehrung

Reich geworden ist der einstige Top-Turner auch früher nicht durch seinen Sport. „Nur für die Olympiamedaillen gab es eine Prämie“, räumt Mack mit einem Irrglauben auf. Ja, vielleicht habe man eher eine Wohnung bekommen und musste auch nicht ganz so lange auf einen Trabi warten. „Geld war aber ohnehin nicht der Antrieb.“ Anerkennung habe er bekommen. „Es trieb einem die Tränen in die Augen bei der Siegerehrung, das war jedes mal ein unglaubliches Gefühl“. Und er hat die Welt gesehen. Das war schon ein Privileg.

Den Gedanken, sich in den Westen abzusetzen, hatte Mack nie gehabt. So wie Wolfgang Thüne. Sein Auswahlkollege vom ASK Potsdam war bei der EM 1975 in Bern untergetaucht. Der Armeesportler war vom westdeutschen Turnstar Eberhard Gienger heimlich in dessen Auto über die Grenze gebracht worden.

Zu diesem Zeitpunkt hatten Mack und die anderen DDR-Turner noch Thüne in Bern gesucht. „Er hätte ja irgendwo hilflos liegen können“, erinnert sich Mack noch genau an die Ausnahmesituation. Anschließend habe er den Koffer des verloren gegangenen Sportlers gepackt und mit nach Hause gebracht, wo auch Mack noch viele Fragen beantworten musste.


Lutz Mack erlebte Olympia 1980 in Moskau als Kapitän der DDR-Mannschaft

Die positiven Erlebnisse aber überwogen. Bei Olympia 1980 in Moskau hatte er zum letzten mal als Kapitän die DDR-Mannschaft an die Geräte und sogar zu Bronze geführt. Als Spiele zweiter Klasse will er diese Wettkämpfe nicht eingeordnet wissen, obwohl einige Länder aus politischen Gründen boykottierten. „Die Japaner fehlten, die zur Weltspitze gehörten.“

Hochkarätig waren die Entscheidungen dennoch - und Mack und seine Mitstreiter ganz vorn dabei. „Die Stimmung im Olympischen Dorf war aber nicht dieselbe, auch wenn sich die Gastgeber große Mühe gaben, zu überspielen, dass etwas fehlte“, sagt Mack, der den Vergleich hat.

Vier Jahre zuvor in Montreal war er schon einmal mit der DDR-Riege zu Bronze geturnt. Trotzdem avancierte Moskau vor 12.000 Turnfans zum Gänsehauterlebnis. Die Kulissen waren damals ohnehin von ganz anderem Format. Im Madison Square Garden in New York feuerten ihn zum Beispiel über 20.000 Zuschauer an, berichtet Mack.


Lutz Mack kritisiert Olympia: „Zu viel Show, zu viele Kinkerlitzchen“

Auch jetzt guckt er sich im Fernsehen alle großen Wettkämpfe an, „immer wenn Sport läuft, sind wir dabei“. Seine Frau teilt glücklicherweise diese Leidenschaft. Eines hat Mack im Laufe der Jahre festgestellt: Olympia ist auch nicht mehr das, was es mal war. „Zu viel Show, zu viele Kinkerlitzchen rund herum, alles dreht sich nur ums Geld“, findet Mack.

Würde er alles noch einmal so machen? Der Senior überlegt. Weiß, dass er viel Zeit in der Trainingshalle verbracht hat. „Zusammengerechnet war ich zwei ganze Jahre meines Lebens in Kienbaum“. Noch heute ist das ein Stützpunkt der Turner. Bis zu dreimal am Tag habe er trainiert, in Hochzeiten waren das 36 Stunden die Woche.


Lutz Mack als Gastronom in Halle: Erst der Waldkater, dann die Weinstuben

Doch der Sport hat ihn auch geprägt. Mack steckt den Kopf auch dann nicht in den Sand, wenn es mal nicht so läuft. Das durch den Sport erworbene Stehvermögen, die eiserne Disziplin, haben ihm bei seinem zweiten Job geholfen. Erst hatte er den Waldkater geführt und später dann die Weinstuben in Halles Innenstadt übernommen.

Nun ist auch diese Phase vorbei und Mack genießt sein Rentnerdasein. Das wird bestimmt vom Nordic Walking, „so richtig mit Stöcken“, wie er erzählt. Ab und zu gehe er auch mal Schwimmen mit seiner Frau. Dazu kommt noch die geliebte Gartenarbeit. Das reicht, um sich wohlzufühlen. Vormachen muss er schließlich keinem mehr etwas. (mz)



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